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Asylrecht – Bedeutung, Ablauf etc. sowie Landeserstaufnahmeeinrichtung in Messstetten

Aktuelles

Ablauf des Asylverfahrens in Deutschlands (schematisch)

Allgemeines

Während politisch Verfolgte über Artikel (Art.) 16a des Grundgesetzes (GG) ein grundgesetzlich zugesichertes Asylrecht in Anspruch nehmen können, bestehen für nicht politisch verfolgte Asylsuchende erhöhte Hürden bis zur Anerkennung als Flüchtling.

Diese bestehen z.B. darin, dass Ausländer aus der EU oder sog. sicheren Herkunftsländern sich nicht auf das Asylrecht nach Art. 16a Abs. 2 GG berufen können. Bei diesen sicheren Herkunftsländern wird vermutet, dass dort keine politische Verfolgung stattfindet, solange der Asylbewerber diese Vermutung nicht entkräftet. Erst Ende September gab es in der BRD eine heftige Debatte darüber, ob oder ob nicht Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sichere Herkunftsländer einzustufen sind. Dies hätte eine Beschleunigung der Verfahrensdauern zur Folge, da entsprechende Anträge relativ einfach als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen werden könnten. Die Entscheidung fiel mit einem Ja des Bundestages sowie des Bundesrates hierzu.

Des Weiteren wird unter dem Begriff Asylrecht auch die Anerkennung nach der sog. Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und die Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten (sog. subsidiärer Schutz) gefasst, welche das für die Asylanträge zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg im Regelfall ohne weiteren besonderen Antrag mit prüft.

Als politisch Verfolgter im Sinne des Art. 16a GG gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wem durch den Staat oder durch Maßnahmen Dritter, die dem Staat zuzurechnen sind, in Anknüpfung an seine Religion, politische Überzeugung oder an andere, für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen, ihn aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen und in eine ausweglose Lage bringen. Kurzum wer durch ein Handeln eines Staates aufgrund seiner angeborenen, selbst unbeeinflussbaren Eigenschaften in einem die Menschenwürde verletzenden Maße diskriminiert wird.

Häufiger als eine Anerkennung als Asylsuchender im Sinne des Art. 16a GG erfolgt ein Zuspruch der Flüchtlingseigenschaft nach der GFK. Die Flüchtlingseigenschaft steht dem Status Asylberechtigter nach Art. 16a GG in den aufenthaltsrechtlichen Folgewirkungen gleich. Auch im Übrigen (z. B. bezüglich Sozialleistungen, Teilhabe am Arbeitsmarkt, Ausstellung von Reisedokumenten) haben anerkannte Flüchtlinge gegenüber Asylberechtigten keine Nachteile.

Flüchtling nach der GFK ist hierbei, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will.

Für Asylsuchende und Geduldete ist die Arbeit in den ersten neun Monaten ihres Aufenthalts ganz verboten. Auch danach haben sie zumeist kaum Chancen auf einen Job, weil es "bevorrechtigte Arbeitnehmer" gibt. Dies sind Deutsche, aber auch EU-Ausländer oder anerkannte Flüchtlinge. Nach vier Jahren Aufenthalt in Deutschland dürfen Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge - ohne die oben beschriebenen Einschränkungen - arbeiten.

 

Entwicklung der Asylbewerberzahlen
 

Jahr    Zahl der Asylanträge

1990    193.063

1991    256.112

1992    438.191

1993    322.599

1994    127.210

1995    166.951

1996    149.193

1997    151.700

1998    143.429

1999    138.319

2000    117.648

2001      91.471

2002      71.124

2003      67.848

2004      50.152

2005      42.908

2006      30.100

2007      30.303

2008      28.018

2009      33.033

2010      48.589

2011      53.347

2012      77.651

2013    127.023

Den Höhepunkt markiert das Jahr 1992 mit über 400.000 Asylanträgen in Deutschland. Damals kamen die meisten Antragsteller aus dem ehemaligen Jugoslawien. Ab 1993 fand aber ein kontinuierlicher Rückgang statt. Bis zum Jahr 2007 blieb die Zahl der Erstanträge rückläufig. Seit dem Jahr 2008 steigt die Anzahl der Anträge allerdings wieder an. 2012 wurde der höchste Stand seit 2002 erreicht. Grund für den Anstieg war unter anderem der Anstieg von Asylbewerbern aus Serbien und Mazedonien als Folge der Abschaffung der Visumpflicht für beide Staaten im Dezember 2009. Im ersten Halbjahr 2013 stieg die Zahl der Erstanträge auf Asyl gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr um 90 Prozent, Hauptherkunftsländer der Antragssteller 2013 waren die Russische Föderation, gefolgt von Syrien und Afghanistan.

Erfolg der Asylanträge

Im Jahr 2013 hat das Bundesamt 80.978 Entscheidungen getroffen. Insgesamt 10.915 Antragstellern (13,5 Prozent) wurde die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) zuerkannt. Darunter waren 919 Personen (1,1 Prozent), die als Asylberechtigte nach Art. 16a des Grundgesetzes anerkannt wurden, sowie 9.996
Personen (12,4 Prozent), die Flüchtlingsschutz nach § 3 des Asylverfahrensgesetzes i.V.m. § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes erhielten.

Ablauf des Verfahrens (siehe hierzu die Abbildung am Ende)

Gibt sich ein Ausländer im Inland als Asylsuchender zu erkennen, wird er an die nächstgelegene, vom jeweiligen Bundesland betriebene Erstaufnahmeeinrichtung verwiesen. Dies ist für Baden-Württemberg derzeit die sog. Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Karlsruhe mit ihren derzeitigen Außenstellen in Mannheim und Heidelberg. Auf die neu geplante LEA in Messtetten sowie der in Ellwangen wird an späterer Stelle eingegangen.

Die persönliche Asylantragstellung erfolgt in der Außenstelle des Bundesamtes, die der für den Asylbewerber zuständigen Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist. In Absprache mit der Erstaufnahmeeinrichtung wird hierfür ein Termin bestimmt, zu dem auch ein geeigneter Dolmetscher geladen wird.

Für die Dauer des Asylverfahrens erhält der Asylbewerber eine Aufenthaltsgestattung unddamit ein vorläufiges Bleiberecht, sowie schriftliche Informationen über seine Rechte undPflichten im Asylverfahren in einer ihm verständlichen Sprache.

Das Bundesamt entscheidet auf Grundlage des Asylverfahrensgesetzes über die Asylberechtigung nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention sowie darüber, ob sich aus europäischen oder nationalen Schutznormen ein Abschiebungsverbot ergibt. Der materiellen Prüfung des Asylantrags ist grundsätzlich das sog. Dublin-Verfahren vorgeschaltet, in dem festgestellt wird, welcher europäische Staat für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist. Ziel ist es einerseits, sicherzustellen, dass jeder Asylantrag, der in der Europäischen Union, Norwegen, Island, Liechtenstein und der Schweiz gestellt wird, inhaltlich geprüft wird, andererseits die Durchführung mehrerer Asylverfahren zu vermeiden.

Anhörung

Ist Deutschland für die Entscheidung über den Asylantrag zuständig, erfolgt die materielle Prüfung des Asylantrags durch das Bundesamt für Integration und Flüchtlinge in Nürnberg. Im Rahmen der persönlichen Anhörung muss der Antragsteller selbst alle Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor politischer Verfolgung begründen. Er muss auch alle sonstigen Tatsachen und Umstände angeben, die einer Abschiebung entgegenstehen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und frühere Asylanträge in Deutschland oder anderen Staaten.

Die Anhörung ist nicht öffentlich, es können aber der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers sowie Vertreter des Bundes, eines Landes, des UNHCR (Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge) oder Sonderbevollmächtigte für Flüchtlingsfragen beim Europarat teilnehmen.

Entscheidung

Die Entscheidung über den Asylantrag erfolgt schriftlich durch das Bundesamt. Die Entscheidung wird begründet und den Beteiligten mit einer Rechtsbehelfsbelehrung sowie einer Übersetzung des Tenors der Entscheidung zugestellt. Entscheidungsmöglichkeiten im nationalen Verfahren:

• Zuerkennung von Flüchtlingsschutz nach § 3 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG und – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen zusätzlich - Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG

• Ablehnung des Asylantrages und des Antrages auf Zuerkennung von Flüchtlingsschutz als (offensichtlich) unbegründet

und/oder

• Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 60 Abs. 2, 3 oder Abs. 7 Satz 2 AufenthG

• Ablehnung von unionsrechtlichem subsidiären Schutz und Zuerkennung von nationalem subsidiärem Schutz nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG
 

Folgen der Entscheidung

Wird der Antragsteller als Flüchtling oder Asylberechtigter anerkannt, erhält er eine Aufenthaltserlaubnis für zunächst drei Jahre. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

Wird ihm subsidiärer Schutz zuerkannt, erhält er grundsätzlich eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis für zunächst ein Jahr.

Mit der Aufenthaltserlaubnis entscheidet die Ausländerbehörde über die Erlaubnis der Erwerbstätigkeit. Nach drei Jahren bzw. bei subsidiär Schutzberechtigten nach sieben Jahren kann eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden. Gegen alle ablehnenden Entscheidungen oder Entscheidungsteile steht dem Asylbewerber der Weg zu den Verwaltungsgerichten offen. Bestätigt das Gericht die komplette Ablehnung, ist der Ausländer zur Ausreise verpflichtet. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, wird er in sein Heimatland abgeschoben. Zuständig für die Durchführung der Abschiebung ist die jeweilige Ausländerbehörde. Stellt dagegen das Gericht die Voraussetzungen für eine Schutzgewährung fest, hebt es den Bescheid oder den entsprechenden Teil des Bescheides auf und verpflichtet das Bundesamt zur positiven Entscheidung.

Landeserstaufnahmeeinrichtungen in Baden-Württemberg

Die derzeit einzige LEA in Karlsruhe mit ihren Außenstellen in Mannheim und Heidelberg ist in letzter Zeit zunehmend an ihre Maximalkapazität gestoßen. Mehrere Zeitungsberichte wiesen in den letzten Monaten auf katastrophale Zustände hin. Aus diesem Grund ist geplant in der ehemaligen Zollernalbkaserne in Messstetten eine Außenstelle der LEA in Karlsruhe einzurichten. 

Die ersten Flüchtlinge sollen Ende Oktober 2014 hier ankommen. Als Maximalkapazität bestehen 1000 Asylsuchende. Im Anschluss an eine Bürgerinformationsveranstaltung im August 2014 in Messtetten, an der u.a. die baden-württembergische Integrationesministerin Bilkay Öney teilnahm, wurde deutlich, dass vorab geschürte Ängste und Sorgen sich nicht auf die eigentlichen Bewohner Messtettens durchgeschlagen haben und diese der LEA, natürlich unter bestimmten Voraussetzungen wie z.B. der Gewährleistung eines reibungslosen Ablaufs dieser ersten Stufe des Asylverfahrens etc, positiv gegenüberstehen. Dennoch bestehen weitere kritische Punkte wie etwa die in Betrieb stehende Schießanlage der Bundeswehr in direkter Nachbarschaft der LEA, über die es auch in Zukunft konstruktiv kritisch zu diskutieren gilt.

Der Aufruf zur ehrenamtlichen Hilfe (Deutschunterricht, Kinderbetreuung usw.) in Messstetten fand unterdessen ein überwältigendes Echo.

Vor einigen Wochen wurde zudem bekannt, dass eine weitere Außenstelle in Ellwangengeplant ist. Hier soll auf die gleichen Bürgerinfomationstechniken, die in Messstettenäußerst erfolgreich waren, zurückgegriffen werden, um einen möglichst reibungslosen undin der Bevölkerung akzeptierten Ablauf zu gewährleisten. So fand bspw. in den letztenTagen hier ebenfalls eine Bürgerinformationsveranstaltung statt, an der wiederum Bilkay Öney teilnahm.

Umgang mit den Asylbewerbern (Misshandlungen von Asylsuchenden u.a. in NRW)

In den letzten Tagen stellte sich heraus, dass Wachleute in mehreren Asylbewerberheimen (zweite Stufe nach der LEA) Asylsuchende körperlich sowie seelisch misshandelt haben. Die Polizei in NRW geht dem zwischenzeitlich nach. Die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Aufsichtsbehörde hat den Sicherheitsdienst inzwischen von seinen Aufgaben entbunden. Ein solches vorgehen ist, egal ob gegen Asylsuchende oder sonstige Menschen als grober Eingriff gegen die Menschenwürde eine jeden einzelnen zu verurteilen.